Humanismus

Der Begriff des Humanismus ist diffus, die Definitionen vielfältig und zum Teil widersprüchlich. Eine meiner damaligen  Lehrerinnen meinte, man müsse dazu erst die halbe deutsche Literatur gelesen haben, um den Humanismus zu verstehen - Humanismus im Sinne des „Humanistischen Gymnasiums“.

Aus dem Begriff „human“, also menschlich, lässt sich dann auch so gut wie nichts herleiten, denn was ist menschlich? Hitler machte sich in „Mein Kampf“ sogar lustig über die „sogenannte Menschlichkeit“, weil eben auch ganz andere Umstände menschlich sind,  als ausgerechnet die friedliebenden…

Wenn wir Humanismus folgendermaßen definieren, dann stimmen wir dem Begriff zu:

Humanistisch ist ein Verständnis von Ethik und den Menschen, wenn wir uns als 

1.gleichberechtigte und
2.freie Menschen gegenüber treten, die in
3.möglichst objektiv gerechter Weise (also unabhängig von der Stellung der Person)

ihre Angelegenheiten regeln wollen. Diese Herangehensweise beinhaltet, dass man keine Normen von irgendeiner Autorität ableiten kann, auch von keiner Gottheit.

Daraus lassen sich Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaat, Menschenwürde, Sozialstaatsprinzip unmittelbar herleiten. Diese zunächst auf den Staat bezogene Herangehensweise lässt sich auch auf den zwischenmenschlichen Bereich übertragen.

Humanismus in diesem Sinne halten wir für ein anzustrebendes Ideal. Was sich der Einzelne darunter vorstellt, geht dann politisch deutlich auseinander - und da beginnen die Probleme im propagandistischen Begriffsmissbrauch:

So wird der Begriff des Humanismus einseitig politisch verwendet, selbst Erich Mielke bezeichnete sich als Humanisten, um gleich im nächsten Satz die Mauer mit Schießbefehl zu verteidigen… dieses Verständnis hat mit Humanismus in unserem Sinne sicherlich nichts zu tun.

Auch der HVD (Humanistischer Verband Deutschlands) versucht den Begriff politisch einzunorden, was ihm nicht gelingt. Das Spiel geht im Prinzip so: Man überredet den Durchschnittsatheisten, sich als Humanisten zu bezeichnen, weil ja auch der Atheist „das Gute“ wolle und nicht völlig morrallos sein könne  - eine Argumentation, die derjenigen der Kirchen gar nicht einmal fern ist… wenn man so weit ist, argumentiert man, dass diese oder jene politische Ansicht gar nicht humanistisch sein können: Man übt also Druck aus, dass der Humanist eine bestimmte Parteipolitik übernehmen müsse. Diese Vorgehensweise ist natürlich alles andere als redlich, wenn man vorher nicht klipp und klar definiert, was denn Humanismus sein soll. Das Problem ist, dass es keine einheitliche Definition gibt.

Einige Humanisten bevorzugen den Slogan „Das Leben muss im Diesseits gelingen“ zur Erklärung des Humanismus. Gemeint ist, dass die Menschen nicht auf ein Leben nach dem Tode hoffen sollen.Der Begriff des „Diesseits“ setzt aber eigentlich auch ein Jenseits voraus. Möglicherweise sollte mit der Verwendung dieses Begriffes ursprünglich eine Diskussion über die Existenz von Jenseits und Diesseits gerade abgewürgt werden, weil es eben auf ein Jenseits nicht ankommt, so lange es nicht beweisbar ist. Aus naturalistischer Sicht könnte man den Satz allerdings abkürzen und sagen: „Das Leben muss gelingen“. Es lässt sich daraus erkennen, dass der Satz ursprünglich aus konfrontativen Diskussionen mit Gläubigen und Dualisten stammt und dass es sich nicht um eine für sich stehende Eigendefinition handelt.